Soziale Standards in digitaler, globalisierter Arbeitswelt sichern
Die Sicherung sozialer Standards in der Beschäftigungspolitik vor dem Hintergrund einer zunehmenden Globalisierung stand im Mittelpunkt eines Delegationsbesuchs von Heike Raab, Staatssekretärin und Bevollmächtigte beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales, Arbeitsstaatssekretär David Langner und den Vorsitzenden der rheinland-pfälzischen DGB-Gewerkschaften am 11. Januar 2016 in Brüssel. In Gesprächen mit Günther Oettinger, Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, sowie Vertreterinnen und Vertretern der EU-Institutionen und des Europäischen Gewerkschaftsbunds wurde zudem über die Digitalisierung der Arbeitswelt, die Flüchtlingspolitik und das Freihandelsabkommen mit den USA diskutiert.
Staatssekretärin Raab erklärte: „Rheinland-Pfalz hat wichtige Impulse bei den Sozialstandards in der Beschäftigungspolitik gesetzt. Mehrere rheinland-pfälzische Bundesratsinitiativen haben den Weg für die Einführung des bundesweiten Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde geebnet. Allen Unkenrufen zum Trotz hat sich der Mindestlohn ein Jahr nach seiner Einführung als Instrument gegen Lohndumping bewährt. Von diesem Erfolg dürfen wir nicht abrücken.“ Den aktuellen Forderungen nach einer Ausnahme von Flüchtlingen vom Mindestlohn erteilte Raab daher eine Absage. „Der Mindestlohn gilt flächendeckend: Gute Arbeit muss fair entlohnt werden. Allen Versuchen, ihn durch Sonderregelungen auszuhöhlen, müssen wir entgegen treten.“
Soziale und wirtschaftspolitische Belange in Einklang zu bringen, sei eine Herausforderung, die sich gleichermaßen auf europäischer wie Landesebene stelle. Staatssekretär Langner verwies in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17. November 2015, das zu dem Ergebnis kommt, das eine Mindestentgeltregelung, wie sie im Landestariftreuegesetz vorgesehen ist, mit den einschlägigen Regelungen der europäischen Vergabekoordinierungsrichtlinie vereinbar ist. Darüber hinaus ist es auch mit Europarecht vereinbar, wenn Unternehmen, die eine entsprechende Mindestentgelterklärung nicht abgeben, vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. „Das rheinland-pfälzische Landestariftreuegesetz ist in vielerlei Hinsicht Vorreiter. Gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern haben wir uns bereits im Jahr 2013 auf einen Bruttostundenlohn von 8,90 Euro bei der Ausschreibung öffentlicher Aufträge verständigt und damit auch den Weg für den Bundesmindestlohn bereitet. Derzeit berät der rheinland-pfälzische Landtag über eine Neuregelung zum Beschäftigtenübergang. Mit dem neuen Gesetz wird geregelt, dass bei Neuausschreibung von Bahn- oder Busstrecken der neue Betreiber das Personal zu den gleichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen übernehmen muss. Damit wird die soziale Sicherheit gestärkt und dem in dieser Branche bestehenden Fachkräftemangel entgegengewirkt.“
Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Rheinland-Pfalz, Dietmar Muscheid, begrüßte, dass das rheinland-pfälzische Landestariftreuegesetz durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs Rückenwind bekommen habe. „Die rheinland-pfälzische Regelung zur Tariftreue war bundesweit Vorreiter, durch die Novellierung des Gesetzes wird jetzt nochmal Fahrt aufgenommen. Für gute Arbeit und Beschäftigungsverhältnisse sind faire Bezahlung und der Schaffung und Sicherung sozialer Standards unabdingbar – wie etwa in der jetzt vorgesehenen Muss-Regelung zur Personalüberleitung im Schienen- und Öffentlichen-Personen-Nahverkehr“, so Muscheid.
Die Herausforderungen und Chancen der digitalen Arbeitswelt waren Inhalt des Gesprächs mit EU-Kommissar Günther Oettinger. Raab und Langner waren sich einig, dass die Digitalisierung ökonomische Vorteile biete, weil sie die Produktion kostengünstiger und ressourcenschonender mache. Gleichzeitig stiegen mit der sich ändernden Arbeitswelt und der fortschreitenden Globalisierung auch die Ansprüche an die Leistungsfähigkeit und Flexibilität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. „Der Einsatz von intelligenter digitaler Technik kann hier unterstützend wirken und auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. Zugleich müssen wir Errungenschaften wie den Schutz von Mitbestimmung und Arbeitnehmerrechten auch in der neuen Arbeitswelt sichern und Fragen beispielsweise zum Arbeitsschutz oder auch die ständig steigenden Anforderungen an Aus- und Weiterbildung fest im Blick behalten“, erklärten sie abschließend.