Wilhelm Dieterle
Schauspieler und Regisseur
* 15.07.1893 in Ludwigshafen
† 09.12.1972 in München
Wilhelm Dieterle hat eine Traumkarriere gemacht. Er war einer der bedeutendsten Bühnenschauspieler der Berliner Theater-Glanzzeit unter Max Reinhardt; Als Filmschauspieler und Hollywood-Regisseur lag ihm ein Millionenpublikum zu Füßen. Da war aus Wilhelm längst William geworden, aus dem Arbeitersohn aus Ludwigshafen, dem Nichtsnutz, wie sein Vater ihn genannt hatte, ein Weltstar.
Dieterle erlebte eine glückliche, jedoch entbehrungsreiche Kindheit. Als jüngstes von neun Kindern in Ludwigshafen aufgewachsen, schien eine Maler- und Glaserlehre eine gute Lösung für das Kind. Doch das wollte sich aus dem “Joch der Armut” befreien, strebte nach Höherem, wollte Schauspieler werden. Ausgerechnet Schauspieler! Der Vater schuftete zwölf Stunden täglich in der Fabrik und konnte doch kaum die Familie ernähren. Wilhelm setzte sich durch: Von einem Teil des Gesellenlohns durfte er die Schauspiel-Ausbildung finanzieren.
Als 17jähriger debütierte Dieterle bei der “Schmiere”, wie er später schreibt. Rasch arbeitete er sich über Heilbronn, Plauen und Mainz ans Stadttheater Zürich vor. Sein erstes Berliner Engagement führte ihn 1918 an die Volksbühne am Bülowplatz (heute Rosa-Luxemburg Platz), wo er den jugendlichen Helden gab.
“Aus Dieterle wird was”, schrieb die Schaubühne und sollte Recht behalten. Doch bevor er der Star der Berliner Bühnen wurde, ging er ans Münchner Schauspielhaus. Dort sah ihn Max Reinhardt. Bis zu dessen Tod 1943 sollte ihr Kontakt nicht mehr abreißen. Ohne Reinhardt hätte es den Bühnenstar Dieterle nicht gegeben. In Berlin erlebte Dieterle seinen endgültigen Durchbruch an Reinhardts Deutschem Theater (Schumannstraße) der Jahre 1920 bis 1923.
Fünfeinhalb Stunden stand der Zwei-Meter-Hüne als Brutus in Julius Caesar auf der Bühne, diskutiert anschließend mit Reinhardt in dessen Wohnung (Kupfergraben 7) noch Details der Inszenierung. Reinhardt formte den jungen Mann, der fortan eine Hauptrolle nach der anderen spielte. An seiner Seite mittlerweile Charlotte Hagenbruch, Schauspielerin und Drehbuchautorin, die er 1921 geheiratet hatte. Das Paar zog nach Wilmersdorf (Jenaer Straße 8). Fortan wurde vor allen wichtigen Entscheidungen das Horoskop gefragt, Charlotte glaubte an die Sterne. Die standen gut für Dieterle, der von Erfolg zu Erfolg eilte.
Noch schneller jedoch galoppierte die Inflation, die auch höchste Gagen zu einem Taschengeld gerinnen ließ. Wohl dem, der harte Dollars beim Film verdiente wie nun auch Dieterle, der als Darsteller und Regisseur in Personalunion volle Häuser und Kassen garantierte. Er drehte einen Film nach dem anderen, schien in jede Rolle schlüpfen zu können. Dieterle, Superstar. Die UfA verpflichtete ihn 1929 gleich für fünf Filme, Anfangsgage 500 Dollar wöchentlich, rund 10.000 Mark, ein Vermögen.
Ein Landhaus (Schweinfurthstraße 25) im Villenviertel Dahlem schien nun angemessen, mit Haushaltshilfe und Butler. “Kasse machen, billig arbeiten”, lautete das Motto der Filmindustrie. Schmalz, Pathos und Gefühl waren gefragt, Dieterle bediente den Zeitgeschmack.
Einen regelrechten Kulturkampf zwischen Preußen und Bayern löste 1929 sein erster biografischer Film “Ludwig II” aus. Sein erster Tonfilm, “Eine Stunde Glück”, wurde Anfang März 1930 in Berlin uraufgeführt. Dann rief wie in einem Kitschfilm ein Hollywood-Agent an. So die Legende. Ehepaar Dieterle packte die Koffer und verließ Berlin in Richtung Amerika. Der Titel seines ersten Hollywood-Films gab die Richtung vor: “Der Tanz geht weiter”. Doch das wie auch seine spätere Heimkehr nach Süddeutschland und ans Theater ist eine andere Geschichte.
“Dem Schüler von einst, dem Lehrer von heute. Herzlich Max Reinhardt.”
Widmung Mitte der 30er Jahre, nach einer gemeinsamen Verfilmung des Sommernachtstraums