Stefan George
Dichter
* 12.07.1868 in Büdesheim, heute Bingen
† 04.12.1933 in Minusio, heute Locarno
Stefan George 1910, fotografiert von Jacob Hilsdorf
Stefan George ist einer der vielschichtigsten deutschen Lyriker. Er hatte enormen Einfluss auf die Kultur seiner Zeit, vom Biografen Thomas Karlauf wird ihm großes Charisma bescheinigt. Geboren wurde George 1868 als Sohn eines Gastwirtes und Weinhändlers am Mittelrhein, Französisch ist Zweitsprache der Familie. Schon in der Schulzeit fallen seine Sprachbegabung und sein Interesse an Lyrik auf. Er lernt Italienisch, Griechisch, Niederländisch, Polnisch, Norwegisch und weitere Sprachen, um Dichter im Original lesen und ihre Verse übertragen zu können.
“Er löst jede seiner zahlreichen Schaffenskrisen durch die Einübung in ein fremdes Idiom, durch Lyrik-Übersetzung.”
Ute Maria Oelmann
Nach dem Abitur 1888 wird George zum Wanderer durch Europa – Wien, München, Den Haag, London, Paris, Madrid, Mailand sind nur einige Stationen. Während der drei Studiensemester in Berlin hat er einen festen Wohnsitz, später wird er immer bei Freunden unterschlüpfen oder ins Elternhaus nach Bingen zurückkehren.
Im Oktober 1889 schreibt sich George an der Berliner Universität ein, er hört philosophische, sprachtheoretische und literaturhistorische Vorlesungen und wohnt bei Frau Ebermann (Schwedter Straße 30). In Berlin erscheint 1890 auch sein schmaler Gedichtband Hymen, den George in einer Auflage von 100 Stück drucken und in einer Buchhandlung exklusiv anbieten lässt. 1892 gründet er zusammen mit Carl August Klein die Zeitschrift “Blätter für die Kunst”. Auch sie richtet sich an intellektuelle Kreise, George tritt vor ausgesuchten Gästen beim Portraitmaler Reinhold Lepsius (Kantstraße 162) zu Lesungen auf. 1897 erlebt ihn hier auch Rainer Maria Rilke, der ihm enthusiastisch schreibt, dass er alles, was zu Georges Kunst gehöre, begeistert verfolge.
Ab 1892 versammelt George einen Kreis gleichgesinnter Dichter um sich, der Bund bleibt lose. Nach 1900 wird George von neuen und jüngeren Mitgliedern, darunter die drei Brüder Stauffenberg, zunehmend als “Meister” verehrt. Seine Lyrik nimmt nach der “l´art pour l´art”, der Kunst um der Kunst wegen, einen prophetischen, fast religiösen Charakter an.
George fällt 1914 nicht in die allgemeine Kriegseuphorie ein.
Er formuliert in seinem Gedicht “Der Krieg”:
Zu jubeln ziemt nicht: kein triumf wird sein
Nur viele untergänge ohne würde..
In seinen letzten Jahren sieht sich George als Erzieher einer auserlesenen Schar, mit welcher er ein “Neues Reich” begründet (so der Titel einer 1928 veröffentlichten Gedichtsammlung), einem geistigen, geheimen Deutschland verpflichtet. Dies wird ihm später als Nähe zum Dritten Reich ausgelegt, dabei lehnt George das Angebot der Präsidentschaft einer neuen deutschen Akademie der Dichtung ab.
Hartnäckig hält sich das Gerücht, Claus Graf von Stauffenberg habe vor seiner Erschießung gerufen “es lebe das geheime Deutschland«” womit er sich auf George bezöge.