Hedwig Kömmerling

Historikerin; Aktivistin für Frauenrechte

Kömmerling in den 1970er Jahren

*11.06.1896 in Frankfurt
†26.12.1993 in Pirmasens

Für eine Frau ihrer Generation ungewöhnlich, war Hedwig Kömmerling, geborene Fitzler, eine sehr gebildete Frau, die bereits früh ihr Interesse und ihre Leidenschaft für die Wissenschaft erkannte. Ihr Vater, ein Ingenieur, starb, als sie 4 Jahre war - trotzdem konnte Hedwig das Gymnasium besuchen. Ihre Familie, zu der auch ihr Onkel, der Nobelpreisträger Max Planck, gehörte, war bildungsbewusst. 1915 legte sie die Hochschulreife ab, für die sie extra auf das Humanistische Gymnasium wechseln musste. Bald immatrikulierte sich die wissbegierige junge Frau Fitzler an der Universität München in Altertumswissenschaften und Geschichte.

1919 zog sie nach Berlin und studierte an der Friedrich-Wilhelms-Universität, an der heutigen Humboldt-Universität, dort kamen die Fächer Portugiesisch und Indologie hinzu. Das Historische Seminar befand sich damals am Schinkelplatz 6. Die Vorlesungen zur Altertumskunde fanden im neuen Westflügel des Hauptgebäudes der Universität statt (Unter den Linden 6). Hedwig Fitzler beendete ihr Studium 1920.

Geheimes Staatsarchiv
Geheimes Staatsarchiv

1921 begann sie zu Forschungszwecken, die Welt zu bereisen. Die meiste Zeit verbrachte sie in Brasilien, wo sie sich der Vor- und Entdeckungsgeschichte Süd-Amerikas bis hin zur spanisch-portugiesischen Kolonialzeit widmete. Als größtes Erlebnis ihrer Südamerika-Reisen bezeichnete sie ihre Expedition in den Nordwesten Brasiliens. Hedwig Fitzler war die erste weiße Frau, die den Amazonas-Stamm der Nambikwara, besuchte und die Möglichkeit bekam, sein Verhalten und seine Kultur aus nächster Nähe zu erleben.

Die Jahre 1925-1929 verbrachte Hedwig Fitzler in Portugal. Dort hielt sie auch Vorträge auf Portugiesisch an der Universität Coimbra. Der dortige Universitätsverlag übernahm den Druck ihres ersten Buches „O Cerco de Columbo“, über die Belagerung von Colombo im damaligen Ceylon.

Essay von Hedwig Fitzler in „Historische Zeitschrift“ von 1935 mit Ergebnissen i hrer Forschungsarbeit im Geheimen Staatsarchiv
Essay von Hedwig Fitzler in „Historische Zeitschrift“ von 1935 mit Ergebnissen ihrer Forschungsarbeit im Geheimen Staatsarchiv

Mit Geschichte als Hauptfach, Portugiesisch und Indologie als Nebenfächern promovierte Hedwig Fitzler 1930 an der Universität Köln. Erneut führte ihr Weg nach Berlin.

Von 1932 bis 1935 erforschte sie die portugiesische Kolonialgeschichte und schrieb Beiträge für wissenschaftliche Anthologien. Im Geheimen Staatsarchiv (Archivstraße 12-14), verfasste sie einen umfangreichen Text zur Portugiesischen Handels- und Kolonialgeschichte. Dieser wurde aber nie veröffentlicht, weil der Auftrag-gebende Professor Georg Brodnitz 1935 aus rassistischen Gründen Berufsverbot erhielt.

Hedwig verließ das Historische Seminar und übernahm drei Semester lang den Geschichtsunterricht an der Sozialen Frauenschule, die später als Alice-Salomon-Schule (Barbarossastraße 65) bekannt wurde. In dieser Zeit lernte sie den Fabrikanten Karl Kömmerling kennen, den sie 1937 heiratete. Wegen ihm zieht die Kolonialhistorikerin von Rang in die Pfalz nach Pirmasens. Anders als damals üblich veröffentlichte Hedwig Kömmerling auch als Ehefrau und Mutter weiterhin wissenschaftliche Arbeiten und lehrte sogar an der Universität Heidelberg.

1950 wechselte ihr Fokus. Mit anderen Frauen gründete Kömmerling die Ortsgruppe des „Deutschen Frauenrings“ in Pirmasens und ist viele Jahre deren Vorsitzende. 1951 engagierte sie sich auch beim Aufbau des Landesverbandes Rheinland-Pfalz des Frauenrings. Dessen Ziele waren breit, auch die Linderung von sozialen Nöten in Kinderheimen, Altersheimen sowie in Flüchtlingsfamilien gehörten dazu. Als 1950 mehr als 350 Flüchtlingsfamilien nach Pirmasens kamen, wurden Kömmerling und die Ortsgruppe aktiv: Durch Sammel- und Spendenaktionen erhielten die 1.300 Menschen Lebensnotwendiges wie Kleidung, Wäsche und Möbel.

Hedwig Kömmerling wollte einer neuen, gleichberechtigten Gesellschaft näherkommen. Daher kämpfte sie für politische, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Gleichberechtigung und Chancengleichheit. Sie setzte sich auch für bessere Beziehungen zu den US-Streitkräften ein. Durch einen Besuch beim Standortkommandanten, bei dem sie sich über sexuelle Übergriffe seitens der Soldaten beschwerte, verschaffte sie sich Respekt. 2005 wurde Hedwig Kömmerling vom Südwestrundfunk zu den „100 bedeutendsten Rheinland-Pfälzern“ gezählt. Dabei war sie eine von nur zwölf Frauen.