Clemens Brentano

Dichter

Clemens Brentano ca. 1837

* 09.09.1778 auf Ehrenbreitstein (Koblenz)
† 28.07.1842 in Aschaffenburg

Als Clemens Brentano 1809 nach Berlin kam, gab es in der Hauptstadt Preußens nicht einmal eine Kanalisation.

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation existierte nicht mehr, König Friedrich Wilhelm III. regierte mit absolutistischer Macht und versuchte die Niederlagen zu verdauen, die ihm Napoleon bei Jena und Auerstedt zugefügt hatte. Preußen war politisch schwer angeschlagen, doch noch bestimmte eine strenge Ständeordnung den Alltag der 175.000 Einwohner der Stadt. Ruhe war erste Bürgerpflicht. Die Angst vor dem revolutionären Gedankengut aus Frankreich war ebenso groß wie die Notwendigkeit grundlegender Reformen.

Brentano war kein Revolutionär, er war Romantiker: Idealist auf der einen, Traumtänzer auf der anderen Seite und stets auf der Suche, vor allem wohl nach sich selbst. Der Familiensitz in Ehrenbreitstein bei Koblenz war einst Treffpunkt von Künstlern und Intellektuellen der Aufklärung gewesen; Brentanos Großmutter, Sophie von La Roche, eine Bestseller-Autorin ihrer Zeit.  

Vorblatt der Ausgabe des Wunderhorn von 1806

Clemens hatte in Halle, Jena und Göttingen studiert und im Kreis der Frühromantiker verkehrt. Er kannte Wieland, Herder, Goethe, Schlegel, Fichte, Tieck. Schwester Bettina heiratete 1811 in Berlin Brentanos Freund Achim von Arnim, mit dem er ab 1804 beider bekanntestes Werk, die Volksliedsammlung “Des Knaben Wunderhorn” herausgab.

Als Brentano nach Berlin zog, hatte er sich bereits als Dichter einen Namen gemacht. Er war 30 Jahre alt, seine erste Frau Sophie Mereau, war 1806 bei der Geburt des dritten Kindes gestorben. Kurz darauf hatte er die erst 16jährige Auguste Bußmann geheiratet, eine amour fou der deutschen Romantik. Dank einer Erbschaft konnte Brentano studierend, schreibend und Freunde besuchend durch die Lande reisen. In Berlin kam er 1809 bis 1811 bei von Arnim, einem gebürtigen Berliner, unter (Mauerstraße 34).

Die Stadt war um 1810 wichtigster Sammelpunkt der Spätromantik. Ihre Vertreter ergingen sich nicht nur in philosophischen Betrachtungen von Staat, Gesellschaft und Religion, sondern äußerten sich auch zum Tagesgeschehen: Politische Schriften im Kampf gegen Napoleon und seine Besatzungsmacht kursierten, Fichte hielt seine “Reden an die deutsche Nation” in Berlin, wo er 1811 erster Rektor der Universität wurde. Das gesellschaftliche Leben fand in den Salons statt, Brentano war gern gesehen. Unter sich blieb er mit seinesgleichen bei den Versammlungen der christlich-deutschen Tischgesellschaft, die Dichter und Philosophen, aber auch Offiziere und Juristen ins Gespräch brachte. Der Glaube an die Wiedergeburt der deutschen Nation und die Abneigung gegen das Judentum einte diese Gemeinschaft.

Gockel, Hinkel und Gackeleia, lithographiertes Titelblatt des Erstdrucks von 1838

Brentanos Schrift “Der Philister vor, in und nach der Geschichte” (1811) war eine Tischrede bei einem dieser Treffen. Ihr judenfeindlicher Grundtenor traf den Geschmack der Tischbrüder und wurde daher gedruckt. Journalistisch unterstützt wurde die politische Romantik von den Berliner Abendblättern, 1810 bis 1811 als eine der ersten Tageszeitungen von Heinrich von Kleist herausgegeben. Auch Brentano lieferte Beiträge.

Er führte ein unstetes Leben, wurde auch in Berlin nicht heimisch. So nahm er seine Reise wieder auf, eine Reise, die immer mehr einem Herumirren glich: Er fand unter dem Einfluss der Dichterin Luise Hensel zum katholischen Glauben zurück, verfiel in Mystizismus. Von den politischen Visionen, für die er während seiner Berliner Tage stand, entfernte er sich immer mehr. Clemens Brentano erlag im Alter von 63 Jahren in Aschaffenburg einem Herzleiden.

Der König hat seine Bataille verloren. Jetzt ist Ruhe die erste Bürgerpflicht
Anschlag des preußischen Ministers Schulenburg-Kehnert in Berlin nach der Schlacht von Jena 1806