Emy Roeder

Bildhauerin

Emy Roeder 1941 bei einer Ausstellung ihrer Werke in Florenz

* 30.01.1890 in Würzburg
† 07.02.1971 in Mainz

“Ich will die hellen Momente, die zwischendurch aufleuchten, darstellen und festhalten. Ich suche den Menschen in der Ruhe seiner eigentlichen Struktur. Vielleicht vertreibt mein Werk manchen die Angst vor der Wirklichkeit.
Emy Roeder am Ende ihres Lebens zitiert nach einem Ausstellungskatalog ihrer Geburtsstadt Würzburg

Sie gilt als eine der bedeutendsten Frauen des bildhauerischen Expressionismus des 20. Jahrhunderts: Der Name Emy Roeder ordnet sich ein neben Gerhard Marcks, Ewald Mataré und Edwin Scharff. Als eine der wenigen Frauen überhaupt machte Roeder sich als Bildhauerin in den 20er Jahren des vorherigen Jahrhunderts in der Kunstmetropole Berlin einen Namen. Ihre Weggefährtinnen waren Käthe Kollwitz, Renée Sintenis und Milly Steger. Emy Roeder wurde diffamiert, ihre Kunst von den Nationalsozialisten als “entartet” verfemt, sie wurde ins Exil getrieben und nach dem Krieg in Italien interniert. Zurück in Deutschland fand sie eine neue Heimat in Mainz.

Holz-Skulptur “schwangere Frau” von 1920

Die Künstlerin wurde 1890 als Emilie Roeder in Würzburg geboren. Ihr Vater war ein angesehener Kaufmann und förderte ihr künstlerisches Talent. Schon früh bekam sie Unterricht beim Würzburger Bildhauer Arthur Schleglmünig. Als der Vater starb, verließ Emilie ihre Heimatstadt. Sie wechselte 1910 an die Kunstakademie München, studierte in Darmstadt als Schülerin von Bernhard Hoetger, der später in die Künstlerkolonie Worpswede zog. 1919 wird Roeder eine Zeit lang in Fischerhude leben, die bescheidenere kleine Schwester der berühmten Kolonie im norddeutschen Teufelsmoor. 1914/15 aber zog es Emy Roeder zunächst weiter nach Berlin. Über ihre am 20. Januar 1919 mit dem Bildhauer Herbert Garbe (1888–1945) geschlossene Ehe ist nicht viel bekannt.

Emy studierte in der Meisterklasse von Hugo Lederer , an der Preußischen Akademie der Künste am Pariser Platz, knüpfte Kontakte mit den Brücke-Impressionisten, lernte Karl Schmidt-Rottluff, Rudolf Belling und Ernst Barlach kennen und schloss sich gleich mehreren avantgardistischen Künstlergruppen an, die kunstgeschichtlich als zweite Generation der Expressionisten eingeordnet werden.

Während es Emy Roeder gelang, sich als Künstlerin durchzusetzen, wechselte ihr Ehemann die Fronten. Das einstige SPD-Mitglied, das 1926 an der Gestaltung des Denkmals für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg in Berlin-Friedrichshain mitgearbeitet hatte, wurde 1933 Mitglied der NSDAP. Die »Künstlerin des zarten Miteinanders«, wie Roeder oft beschrieben wird, und der Nationalsozialist gingen im selben Jahr noch gemeinsam nach Rom. Dort trennten sich ihre Wege. Garbe erlangte nie die künstlerische Bedeutung seiner Frau. Ob das Paar formell jemals geschieden wurde, ist unklar. Roeder schlug sich im doppelten Wortsinn als Bildhauerin durch.

Als ihre Skulptur “schwangere Frau” 1937 als Beispiel für »entartete Kunst« in München gezeigt wurde, arbeitete sie bereits in Italien. Sie bekam ein Stipendium der Villa Romana in Florenz und blieb.

Roeder-Plastik aus dem Jahr 1963 “Große sitzende Tripolitanerin“

Die Alliierten, die das faschistische Italien nach dem Krieg besetzen, sperrten die Deutsche für ein Jahr in ein Internierungslager.

Dennoch kehrte sie erst 1949 nach Deutschland zurück und nahm einen Lehrauftrag an der neu gegründeten Landeskunsthochschule in Mainz an. Mit den ausdrucksstarken Bildnisköpfen ihrer Malerfreunde Erich Heckel, Hans Purrmann und Karl Schmidt-Rottluff erlebte auch Emy Roeder ihr künstlerisches Comeback.

Ab 1953 zog sie sich ins Private zurück, reiste durch die Welt und kam auch immer wieder nach Berlin. Die Werke der Künstlerin,  die in ihren späten Schaffensjahren immer mehr zur abstrakten Darstellung neigte, wurden 1955 auf der Documenta 1 in Kassel gezeigt. Späte Genugtuung für die einst Diffamierte.